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Neonazi

Kurzform von Neo-Nationalsozialist*in. Neonazis beziehen sich geistig, politisch sowie in der Symbolik und den Aktionsformen auf den Nationalsozialismus. Die neonazistische Szene pflegt das NS-Erbe sowie Traditionen von SA- und SS-Verbänden. Neonazismus ist die radikalste und aggressivste Variante des heutigen Rechtsextremismus. Jeder Neonazi ist rechtsextrem, aber nicht jeder Rechtsextreme ist Neonazi. Viele Rechtsextreme beziehen sich nicht mehr auf den Nationalsozialismus und sind auch nicht mehr an den typischen Symbolen der 1990er Jahre zu erkennen (Glatze, Stiefel, Bomberjacke). Rassistische oder rechtsextreme Ideologien können in allen Spektren der Gesellschaft herrschen, z. B. bei selbsternannten Asylgegner*innen.
Weiterführende Begriffe: Ausländerhass, Fremdenfeindlichkeit, Extremismus, Hassverbrechen, Hasskriminalität, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Neue Rechte, Rechtspopulist

Neubürger*in

klingt nach soeben eingewanderten Menschen. Als Synonym für Eingebürgerte ist der Begriff eher verwirrend, da er keine Verwurzelung in Deutschland vermuten lässt.

Weiterführende Begriffe: Doppelte StaatsangehörigkeitEinbürgerungNeue Deutsche

Neue Deutsche

taucht immer häufiger auf und wird unterschiedlich verwendet: Manche gebrauchen den Begriff synonym für Menschen mit Migrationshintergrund. Als Selbstbezeichnung von Menschen aus eingewanderten Familien soll er den Anspruch auf Zugehörigkeit deutlich machen. Der Begriff kann aber auch für eine Haltung stehen statt für eine herkunftsbezogene Kategorisierung: Zu den Neuen Deutschen zählen dann alle Menschen (mit und ohne Migrationshintergrund), die positiv zur Pluralisierung der Gesellschaft stehen.
Weiterführende Begriffe: Deutsche, Einwanderer, Menschen aus Einwandererfamilien, Einwanderer und ihre Nachkommen, Menschen mit internationaler GeschichteZuwanderer

Neue Rechte

beschreibt lt. Verfassungsschutz Rechtsextreme, die sich seit den 70er Jahren gegen Ideen der Aufklärung und der Gleichheit der Menschen richten. Sie beabsichtigten eine Intellektualisierung des Rechtsextremismus, mit dem Ziel, das politische System in Deutschland grundlegend zu verändern. Wissenschaftlich betrachtet zählt die AfD mangels Intellektualität nicht dazu1, obwohl die Partei teils als parlamentarischer Arm der Neuen Rechten gesehen wird.
Weiterführende Begriffe: Ethnopluralismus, Extremismus, Neonazis, Rechtsradikale, Rechtspopulismus, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Rassismus

Niqab

ist ein Gesichtsschleier, der nur die Augen freilässt. Ein Niqab wird teils in Verbindung mit einem langen, meist schwarzen mantelähnlichen Umhang getragen (z.B. in Saudi-Arabien, Jemen, Oman, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Katar). In anderen arabischen Ländern heißt dieser Mantel oder Umhang Abaya, im Iran Tschador.
Weiterführende Begriffe: BurkaHijabKopftuchKopftuchträgerin

Nomad*innen

oder auch »Fahrendes Volk« beruhen wie alle Begriffe, die Sinti*zze und Rom*nja als permanent in Bewegung lebende Gruppen darstellen, auf jahrhundertealten Klischees und werden von vielen Gruppenangehörigen als verletzend empfunden. Historisch gesehen diente das Bild umherziehender Außenseiter*innen dazu, Diskriminierung und gesetzliche Restriktionen zu legitimieren. Migrationsbewegungen durch Sinti*zze und Rom*nja beruhten in der Vergangenheit oft weniger auf einem selbstgewählten Lebenswandel als auf ökonomischen Zwängen und politischer Verfolgung. Zudem gab es jahrhundertelang Niederlassungsverbote für sie. Aktuelle Studien belegen, dass über 90 Prozent der europäischen Rom*nja sesshaft sind. 1
Weiterführende Begriffe: Antiziganismus, Traveller, Z***

Obergrenze

ist eine politisches Schlagwort. Es suggeriert, das Recht auf Asyl in Deutschland könne auf eine bestimmte Anzahl von Personen beschränkt werden. Anfang 2018 einigte sich die Regierungskoalition auf die Formulierung: künftig könne eine »Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000« nicht überstiegen werden. Der Begriff Obergrenze wurde dabei vermieden, weil eine solche Begrenzung rechtlich nicht zulässig ist. Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht und hat Verfassungsrang.

Weiterführende Begriffe: Geflüchtete, Asyl und Flüchtlingsschutz

Opfer

ist in der Kriminaliätsberichterstattung gängig als Bezeichnung für Betroffene von Gewalt oder Diskriminierung. Mit dem Begriff werden allerdings Eigenschaften wie Hilflosigkeit oder Versagen assoziiert. Eine mögliche Alternative ist: Betroffene.

Weiterführende Begriffe:Hasskriminalität, Hassverbrechen

Opferfest

Das Opferfest zählt zu den wichtigsten islamischen Ereignissen. Es dauert vier Tage, der Zeitpunkt berechnet sich nach dem islamischen Mondkalender und verschiebt sich jedes Jahr. Wer es sich leisten kann, soll laut Brauch ein Tier opfern bzw. schlachten (lassen) und das Fleisch unter den Armen verteilen. Üblich ist es, das Fleisch im eigenen Umfeld zu verteilen und zum Opferfest zu gratulieren.
Weiterführende Begriffe: Ramadan

Optionspflicht

Seit 2000 erhalten in Deutschland geborene Kinder von Ausländer*innen neben der ausländischen Staatsangehörigkeit in der Regel auch die deutsche. Dabei wurde jedoch für die Kinder von Drittstaatsangehörigen die Optionspflicht eingeführt: Zwischen dem 18. und dem 23. Geburtstag mussten sie sich für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden. Mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes von 2014 entfällt dieser Entscheidungszwang für junge Leute mit doppelter Staatsangehörigkeit, die mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben, sechs Jahre hier zur Schule gingen oder einen Schul- oder Berufsabschluss in Deutschland gemacht haben. Es bleibt also kompliziert.
Weiterführende Begriffe: DeutscheDeutsche StaatsangehörigkeitEinbürgerungPassdeutsche

Orthodoxes Judentum

ist eine der großen Strömungen, neben dem konservativen und dem liberalen Judentum. Sowohl in Deutschland als auch in Israel ist sie die einflussreichste. Zentrales Merkmal ist die strikte Einhaltung der Vorschriften (hebr.: Mizwot), also der Gebote und Verbote, die in der Thora festgelegt sind. Wenn eine Gemeinde sich als orthodox bezeichnet, bedeutet es jedoch nicht, dass alle ihre Mitglieder streng orthodox leben. Innerhalb der Orthodoxie existieren verschiedene Richtungen wie Neo-Orthodoxie, Ultraorthodoxie und Chassidismus.

Weiterführende Begriffe: Juden*Jüdinnen

Osteuropäischer Herkunft, arabischstämmig

etc. sind meist mutmaßliche Beschreibungen und sollten mit Bedacht verwendet werden. Grundsätzlich sind in Fahndungshilfen nur Formulierungen zu empfehlen, die auf Tatsachen beruhen und wirklich hilfreich sind. Die Zuordnung eines Menschen zu großen Regionen, wie Arabien, Osteuropa, Asien etc. sind kaum nützlich für die Fahndung, dafür aber stark verallgemeinernd.
Weiterführende Begriffe: Der Kölner Behrouz F., Der türkischstämmige Tatverdächtige (besser: türkeistämmige), der Gesuchte spricht Deutsch mit türkischem Akzent

Parallelgesellschaft

ist ein Schlagwort, das Anfang der 2000er Jahre in der Debatte um Muslim*innen in Deutschland populär wurde. Der Begriff ist inhaltlich diffus und wird verbunden mit vermeintlich gescheiterter Integration. Er zeichnet ein Bild homogener Minderheiten, die sich räumlich, sozial und kulturell von der Mehrheitsbevölkerung abschotten.1 Ihnen wird »Integrationsunwilligkeit« unterstellt, ohne zu berücksichtigen, dass für Integration die gesamte Gesellschaft verantwortlich ist. Zudem ist für einen hohen Anteil von Einwander*innen in manchen Stadtteilen oft eher der Wohnungsmarkt ursächlich als ein Hang zu innerethnischen Nachbarschaften.
Weiterführende Begriffe: AusländerkriminalitätClan, Integrationsverweigerer, IslamisierungÜberfremdung

Passdeutsche

stammt aus dem Vokabular von Rechtsextremen und wurde zum Beispiel in Texten der NPD verwendet: Dort gibt es Deutsche und »Passdeutsche« (also nicht richtige Deutsche). Letztere sollen damit als »undeutsch« abgewertet werden.
Weiterführende Begriffe: Autochthone Deutsche, Biodeutsche, Copyright-Deutsche, Einbürgerung, Herkunftsdeutsche, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Neonazi, Neubürger, Rechtsradikale, Rechtspopulismus

People of Color

ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit Rassismuserfahrung, die nicht als weiß, deutsch und westlich wahrgenommen werden und sich selbst nicht so definieren. PoC (Singular Person of Color) sind nicht unbedingt Teil der afrikanischen Diaspora – ursprünglich ist der Begriff u.a. zur Solidarisierung mit Schwarzen Menschen entstanden. Schwarz, weiß und PoC sind dabei politische Begriffe. Es geht nicht um Hautfarben, sondern um die Benennung von Rassismus und den Machtverhältnissen in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft. Inzwischen wird häufiger von BPoC (Black and People of Color) gesprochen. Etwas seltener kommt hierzulande die Erweiterung BIPoC (Black, Indigenous and People of Color) vor, die explizit auch indigene Menschen mit einbeziehen soll. Diese Begriffe werden teils kritisiert, weil damit sehr große und unterschiedliche Gruppen vermengt werden.
Weiterführende Begriffe: Afrodeutsche, Asiatische Deutsche Kanak*in, Latinx Secondos Schwarze Rom*nja, Sinti*zze,

Philosemitismus

bezeichnet die positive Neigung zu Juden*Jüdinnen und jüdischer Kultur, die teils wie bei Antisemitismus von einem homogenen Kollektiv ausgeht, dem bestimmte Eigenschaften zugeschrieben werden. Ein Motiv können zum Beispiel Schuldgefühle aufgrund der NS-Verbrechen sein. Der Begriff wurde erstmals im 19. Jh. verwendet, um projüdische Linksliberale abzuwerten.
Weiterführender Begriff: Xenophilie

Philoziganismus

beschreibt eine positive Neigung zu Sinti*zze und Rom*nja, die teils wie bei Antiziganismus von einer homogenen Gruppe ausgeht und den Angehörigen der Roma-Minderheiten romantisierende Stereotype zuschreibt.
Weiterführende Begriffe: Gypsy, Philosemitismus, XenophilieZ-Wort

Pogrom

(russ.: Verwüstung) benennt gewaltsame Ausschreitungen gegen religiöse, politische, ethnische Gruppen oder andere Minderheiten. Geprägt wurde der Begriff vor allem durch die Novemberpogrome 1938, als die Nazis die organisierte Zerstörung von jüdischen Geschäften, Häusern, Synagogen und die Verfolgung von Juden*Jüdinnen anordneten. Während die vom NS-Regime gelenkten Medien von der »Judenaktion« oder »Novemberaktion« schrieben, bezeichnete der Volksmund die Novemberpogrome, die den Beginn der staatlich organisierten Judenverfolgung markierten, als »Reichskristallnacht« – eine verharmlosende Anspielung auf die unzähligen Glasscherben zerstörter jüdischer Geschäfte und Synagogen, die nach den Pogromen auf den Straßen lagen.

Weiterführende Begriffe: Antisemitismus, Holocaust

Political Correctness

(engl. politische Korrektheit) kurz: PC, entstand in den 1970er Jahren in den USA und bezeichnete die Forderung nach diskriminierungsfreier Sprache. Seit den 1990er Jahren wird der Begriff von Rechtsextremen, Rechtsradikalen und Rechtspopulist*innen strategisch umgedeutet und dient als politischer Kampfbegriff, um öffentlichkeitswirksam eine angebliche Meinungsdiktatur und Zensur zu behaupten. Ziel ist es, das Bestreben um diskriminierungskritische Sprache und Handlungen sowie differenzierte Berichterstattung zu diffamieren.
Weiterführende Begriffe: Grenze des Sagbaren, Meinungsdiktatur, Sprachpolizei

Pop-Dschihadismus

bezeichnet eine radikale Jugendsubkultur des Dschihadismus in Einwanderungsländern wie Deutschland. Charakteristisch sind moderne Elemente der Popkultur, die für eine eher weltliche und politische Propaganda genutzt werden, im Unterschied zu den stärker theologisch fundierten Argumentationsmustern, etwa im politischen Salafismus. Instrumente dieser Propaganda sind neue Medien, Filmclips im Stil von Musikvideos oder T-Shirts mit entsprechenden Insignien. Meist männliche Vorbilder vermitteln orientierungslosen Jugendlichen einen neuen Lebenssinn, in dem Gruppenzugehörigkeit, ähnlich wie bei Neonazi-Kameradschaften, wichtig ist.1 Religiöse Inhalte dienen im Pop-Dschihadismus nur als Begründungsmuster, vor allem haben das Paradies-Versprechen und ein vermeintlich sündenloses Leben große Bedeutung. Anhänger*innen des Pop-Dschihadismus sind Jugendliche aller Schichten und Nationalitäten. Sie werden teils schnell militant und zu Kämpfer*innen des IS.
Weiterführende Begriffe: Pop-Muslim*innenradikale Muslim*innen

Pop-Muslim*innen

bezeichnet meist junge Muslim*innen, die konservative Religiosität mit modernem Lebensstil zusammenbringen und ihre Zugehörigkeit zur deutschen Gesellschaft betonen. Der Begriff geht zurück auf das Buch »Zwischen Pop und Dschihad« von Julia Gerlach (2006). Mitunter werden Pop-Muslim*innen als Akteur*innen einer jungen Protestkultur gesehen, deren Religiosität zwar zentral ist, aber vor allem als Mittel zur Provokation und Abgrenzung gilt. Daher wird Pop-Muslim*innen teils eine Nähe zur militant-islamistischen Szene nachgesagt.
Weiterführende Begriffe: Euro-MuslimeKulturmuslime, Neo-Muslime, Pop-Dschihadismus, Säkulare Muslime

Postkolonialismus

(engl. Postcolonial Studies) ist eine Forschungsrichtung, die davon ausgeht, dass die Geschichte des Kolonialismus mit den historischen Unabhängigkeitserklärungen nicht vorbei ist. Untersucht werden die Folgen von bis heute fortbestehenden kolonialen Denk- und Handlungsmustern. Ebenso stellt Postkolonialismus die Frage nach Reparationen, beispielsweise in Debatten um die Rückgabe kolonialer Raubgüter in deutschen Museen.

Weiterführende Begriffe: Neokolonialismus, Afrika

Postmigrantisch

wurde von der Berliner Theaterintendantin Shermin Langhoff geprägt und setzt sich zunehmend durch. Postmigrantisch steht für den Prozess, die Gesellschaft nach erfolgter Einwanderung mitzugestalten. Wird Deutschland als Einwanderungsgesellschaft akzeptiert, werden Kategorien wie deutsch / nicht-deutsch bedeutungslos. Es gilt, die herrschenden (Miss-)Verhältnisse gemeinsam neu zu verhandeln.

Weiterführende Begriffe: Menschen mit internationaler Geschichte, Menschen mit Migrationshintergrund, Eingewanderte und ihre (direkte) Nachkommen

Prinzip der Nicht-Zurückweisung

bezeichnet nach internationalem Recht das Prinzip, nach dem Geflüchtete nicht in einen unsicheren Staat ausgewiesen werden dürfen.
Weiterführende Begriffe: AbschiebungsverbotBleiberechtDuldung, Subsidiärer Schutz, Sichere Herkunftsländer

Rabbiner*in

(hebr.: Meister, Lehrer) ist ein religiöser Titel, der jüdischen Gelehrten verliehen wird. Sie werden von ihrer Gemeinde gewählt und bezahlt. Zu ihren Aufgaben geören Seelsorge, interkonfessioneller Dialog, Predigen und Lehren. In liberalen jüdischen Gemeinden gibt es eine wachsende Zahl von Rabbinerinnen. Als Rabbi werden seit dem Altertum jüdische Gelehrte bezeichnet, die die Thora auslegen. Heute werden die Begriffe Rabbiner und Rabbi oft synonym verwendet.

Weiterführende Begriffe: Juden*Jüdinnen

Race

wird oft fälschlich mit Rasse übersetzt. Der Begriff race hat im englischsprachigen Raum, besonders durch die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung, einen Bedeutungswandel vollzogen. Er beinhaltet das Wissen, dass es zwar keine Menschenrassen gibt, aber sehr wohl Rassismus aufgrund einer Kategorisierung in vermeintliche »Rassen«. Im Deutschen verweist der Begriff hingegen auf angeblich biologische Unterschiede zwischen weißen und Schwarzen Menschen. Je nach Zusammenhang könnte von (Menschen mit) Rassismuserfahrungen, von Schwarzer Diaspora oder vom Schwarzsein die Rede sein.

Weiterführende Begriffe: Kolonialismus, Anti-Schwarzer Rassismus

Racial Profiling

ist die Praxis, Menschen allein aufgrund von rassistischen oder anderen diskriminierenden Vorurteilen polizeilich zu kontrollieren. Obwohl Racial Profiling gesetzlich verboten ist, belegen wissenschaftliche Studien1, dass weiterhin solche »anlass- und verdachtsunabhängigen Personenkontrollen« praktiziert werden. Häufig übt auch Sicherheitspersonal Racial Profiling aus, wenn Schwarzen Menschen oder PoC Zugänge verwehrt werden, wie zu Diskotheken.

Weiterführende Begriffe: Der türkischstämmige Tatverdächtige, Anti-Schwarzer Rassismus, Hautfarbe

Radikaler Islam / radikale Muslim*innen

sind problematische Zuschreibungen, weil sie pauschalisieren, so wie »radikales Christentum« oder »radikales Judentum«. Gerade im Zusammenhang mit Sicherheits- und Terrorismusdebatten werden die Begriffe oft undifferenziert verwendet. Passender könnte sein: religiös begründeter oder motivierter Extremismus.
Weiterführende Begriffe: Extremismus, DschihadDschihadismus, DschihadistFundamentalist*inPop-DschihadismusSalafismus

Radikalismus

beschreibt radikale politisch-ideologische Positionen, die die Grundwerte unserer freiheitlichen Demokratie nicht generell in Frage stellen. Man kann Radikalismus als eine Art legale Vorstufe zum Extremismus betrachten. Radikale haben zum Ziel unsere Gesellschaftsordnung grundlegend zu verändern, bewegen sich dabei aber noch innerhalb der Grenzen der Verfassung. »In einem lebendigen demokratischen Diskurs haben auch radikale Ansichten ihren Platz«, heißt es laut Verfassungsschutz.1
Weiterführende Begriffe: Dschihadismus, Islamismus, Rechtsextremismus, Rechtspopulismus, Rechtsradikal

Ramadan

ist der islamische Fastenmonat. Er berechnet sich nach dem islamischen Mondkalender und verschiebt sich jedes Jahr. Dabei verzichten Muslim*innen 29 bis 30 Tage lang, von Morgendämmerung bis Sonnenuntergang, unter anderem auf Essen und Trinken. Zum Ende des Fastenmonats wird drei Tage lang das Ramadan-Fest gefeiert – auch bekannt als Zuckerfest.
Weiterführende Begriffe: Opferfest

Rasse

ist seit dem Nationalsozialismus (»Rassengesetze«) ein Unwort in Deutschland, das im Sprachgebrauch nicht mehr üblich ist. Dennoch existiert es noch in zahlreichen Gesetzestexten wie dem Grundgesetz (»Niemand darf wegen … seiner Rasse … benachteiligt oder bevorzugt werden.«). Derzeit wird in der Politik debattiert, den Begriff »Rasse« aus dem Grundgesetz zu streichen. In der Berichterstattung taucht er mitunter auf, wenn Rassismus-Debatten aus den USA wiedergegeben werden. Doch Begriffe wie »Rassenunruhen« (race oder ethnic riots) oder »Rassenbeziehungen« (race relations) sollten nicht wortwörtlich übersetzt werden, weil der Begriff race in den USA anders als »Rasse« in Deutschland einen Bedeutungswandel durchlaufen hat. Alternativen wären auch Rassismus-Unruhen oder Unruhen wegen Rassismus-Vorwurf u. Ä.
Weiterführende Begriffe: Afrodeutsche, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Ausländerhass, FremdenfeindlichkeitRassismus, Xenophobie

Rassismus

ist, wenn strukturell benachteiligte Gruppen oder einzelne Menschen aufgrund tatsächlicher oder vermeintlicher körperlicher oder kultureller Merkmale (z. B. Hautfarbe, Herkunft, Sprache, Religion) pauschal abgewertet und ausgegrenzt werden. Beim klassischen Rassismus wird eine Ungleichheit und Ungleichwertigkeit wegen vermeintlicher biologischer Unterschiede behauptet. Beim Kulturrassismus wird die Ungleichheit und Ungleichwertigkeit mit angeblichen Unterschieden zwischen den »Kulturen« zu begründen versucht.1
Weiterführende Begriffe: antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Ausländerhass, Ethnopluralismus, Hasskriminalität, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Rechtsextremismus, Neonazi, Xenophobie

Rechtsextremismus

benennt lt. Verfassungsschutz Bestrebungen, die sich gegen die im Grundgesetz verankerte Gleichheit der Menschen richten und universelle Menschenrechte ablehnen. Die ethnische Zugehörigkeit von Menschen wird in einem verfassungsfeindlichen, rechtsextremen Weltbild höher bewertet und individuellen Rechte treten zugunsten »volksgemeinschaftlicher« Konstrukte zurück. Weitere wesentliche Bestandteile sind neben Rassismus auch Antisemitismus und ein autoritäres Staatsverständnis.1 Oft wird damit lediglich das veraltete Bild typischer Neonazis der 1990er Jahre (Glatze, Stiefel, Bomberjacke) verbunden. Es gibt aber auch in der Mitte der Gesellschaft Menschen mit rechtsextremer und/oder neonazistischer Gesinnung. So können mit dem verallgemeinernden Begriff Rechtsextreme auch Asylgegner*innen gemeint sein. Ebenfalls können manche Aussagen von Politiker*innen als rechtsextrem eingeschätzt werden.
Weiterführende Begriffe: Ausländerhass/FremdenfeindlichkeitExtremismus, Hassverbrechen/Hasskriminalität, Islamfeindlichkeit, Neue Rechte, Rechtspopulismus, Rechtsradikal, Xenophobie

Rechtspopulismus

dient oft als Beschreibung für die Politik rassistischer Protestparteien. In der Forschung ist umstritten, ob es sich bei Rechtspopulismus um eine Ideologie handelt oder um einen Politikstil von Parteien der radikalen Rechten1 (vgl. rechtsradikal). Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer kritisiert den Begriff »Rechtspopulismus« als verharmlosend und spricht von einem autoritären Nationalradikalimus.2 Fest steht: Rechtspopulist*innen arbeiten mit Gegensätzen, die von einem »reinen Volk« sowie einer »korrupten (politischen) Elite« ausgehen und mit einem Nationalismus, bei dem Eingewanderte, insbesondere Geflüchtete, als Eindringlinge und Bedrohung dargestellt werden. Vertreter*innen des Rechtspopulismus bzw. Rechtsradikale treten oft als angebliche Hüter*innen der demokratischen Ordnung auf.
Weiterführende Begriffe: Ausländerhass, Ethnopluralismus, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Neue Rechte, Rechtsextremismus, Neonazi

Rechtsradikal

beschreibt eine zum Extremen neigende politisch-ideologische Einstellung, weit rechts der Mitte des politischen Spektrums. Oft verfolgen radikale Rechte nationalistische und anti-liberale Ziele, um echte oder angebliche Probleme zu beseitigen und gesellschaftliche Verhältnisse grundlegend zu ändern.1 Dabei stellen Rechtsradikale die Grundwerte unserer freiheitlichen Demokratie nicht generell in Frage – im Gegensatz zu Rechtsextremen, die klar verfassungsfeindlich sind (vgl. Radikalismus, Extremismus). Entsprechend kann man beispielsweise von der AfD als einer rechtsradikalen Partei sprechen oder konkreter von einer autoritären nationalradikalen Partei, die in Teilen rechtsextrem ist.
Weiterführende Begriffe: Rechtspopulismus

Remigration

meint als populistische Parole die Ausweisung oder Abschiebung von Menschen mit Migrationshintergrund oder Geflüchteten aus Deutschland. Die Forderung wird von Rechtsradikalen und Rechtsextremen erhoben, als Mittel gegen die pluralistische Einwanderungsgesellschaft. Dahinter steht oftmals die Verschwörungstheorie, es sei ein geplanter »Bevölkerungsaustausch« oder eine »Umvolkung« im Gange, die umgekehrt werden müsste.
Weiterführende Begriffe: Ethnopluralismus , Neue Rechte, Rechtspopulismus

Residenzpflicht

bezeichnet die Verpflichtung von Asylsuchenden und Geduldeten, ihren Wohnsitz in der Stadt, dem Landkreis oder dem Bundesland zu nehmen, in dem sich die für sie zuständige Ausländerbehörde befindet. Wollen sie diesen Bereich verlassen, müssen sie zuvor schriftlich um Erlaubnis bitten. Diese Restriktion mit dem positiv konnotierten Verb »residieren« zu umschreiben, ist beschönigend. Zudem steht eine solche Pflicht in Widerspruch zum Grundsatz der Freizügigkeit gemäß Artikel 26 der Genfer Flüchtlingskonvention. Anfang 2015 wurde die Residenzpflicht (§ 56 Asylgesetz) gelockert: Seitdem dürfen sich Schutzsuchende in der Regel, nach Ablauf von drei Monaten, frei im Bundesgebiet bewegen. Asylbewerber*innen und Geduldete, deren Lebensunterhalt nicht gesichert ist, wird der Wohnsitz weiter durch eine Auflage (Wohnsitzauflage) eingeschränkt. Im Integrationsgesetz wurde Mitte 2016 zudem der § 12a AufenthG eingeführt, der unter bestimmten Bedingungen eine Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge festlegt.

Weiterführende Begriffe: Bleiberecht, Duldung

Rom*nja

ist sowohl Selbstbezeichnung als auch allgemeiner Sammelbegriff für eine heterogene Gruppe von Menschen, die vor gut 1000 Jahren aus Indien und dem heutigen Pakistan nach Europa gekommen sind. 1 Sie bilden die größte ethnische Minderheit in Europa. Expert*innen sprechen häufig von Roma-Gruppen oder Angehörigen der Roma-Minderheiten, da es zahlreiche verschiedene Untergruppen gibt, die sich in Sprachen, Religionen und Gewohnheiten voneinander unterscheiden, bspw. Kalderasch / Kalderaš / Kalderara, Kalé / Kale / Cale oder Lovara / Lowara. Im weiblichen Singular spricht man von Romni (Plural: Romnja), im männlichen von Rom (Plural: Roma).
Weiterführende Begriffe: Deutsche Sinti*zze und Rom*nja,Deutsche Rom*nja

Roma Day / Weltromatag

(8. April) ist ein internationaler Aktionstag, der ein Bewusstsein für die Belange der Sinti*zze und Rom*nja schaffen sowie auf deren anhaltende Verfolgung und Diskriminierung aufmerksam machen will. Der Weltromatag erinnert darüber hinaus an die Anfänge der Bürgerrechtsbewegung, die am 8. April 1971 in London bei einem Treffen internationaler Vertreter*innen der Roma-Minderheiten ihren Lauf nahm. Auf dem Kongress haben sich die Teilnehmer*innen nicht nur für die Eigenbezeichnung Rom*nja entschieden, sondern auch eine gemeinsame Flagge und Hymne als Symbole der Bewegung gewählt.

Weiterführende Begriffe:

Romanes

(Alternativbezeichnung: Roman,  Romani)  ist  die  Sprache  der Rom*nja. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich in den jeweiligen Heimatländern unterschiedliche Romanes-Sprachen entwickelt. In Deutschland ist die Minderheitensprache Romanes neben Deutsch häufig die zweite Muttersprache der Angehörigen der Minderheit und ein wesentlicher Teil ihrer kulturellen Identität. Das Romanes ist mit der altindischen Hochsprache Sanskrit verwandt. Durch die Verfolgung im Nationalsozialismus, durch Zwangsassimilierung in anderen Ländern und die fortgesetzte Diskriminierung nach 1945 ist das Romanes heute in seinem Fortbestand gefährdet.

Weiterführende Begriffe:

Rumänien

In Rumänien bilden die Rom*nja nach den Ungar*innen die zweitgrößte Minderheit. Zwar gibt es keine konkreten Zahlen, schätzungsweise leben dort aber zwischen zwei und fünf Millionen Rom*nja. Sie erfahren seit vielen Jahren schwere Repressionen, so waren Rom*nja bis ins 19. Jahrhundert in Rumänien versklavt. Bis heute sind sie betroffen von Übergriffen und körperlicher Gewalt sowie auch einer generellen Ausgrenzung aus den Sozialsystemen – die ohnehin kaum vorhanden sind.
Weiterführende Begriffe: Bulgarien

Russlanddeutsche

sind als Aussiedler*innen / Spätaussiedler*innen von 1950 bis heute nach Deutschland eingewanderte Menschen aus den Nachfolgestaaten der UdSSR. Ihre Vorfahren sind deutsche Siedler*innen, deshalb können sie eine Statusdeutscheneigenschaft bekommen und werden damit deutschen Staatsangehörigen formal gleichgestellt. Dennoch sind sie häufig von antislawischem Rassismus betroffen. Mit 2,49 Millionen1 Menschen mit eigener Wanderungserfahrung sind sie die zweitgrößte Gruppe von Eingewanderten in Deutschland. Bezeichnungen wie Deutsch-Russen, Russisch- bzw. Kasachischstämmige sind für Russlanddeutsche inkorrekt und werden oft als diskriminierend wahrgenommen. Noch im Etablierungsprozess ist die Selbstbezeichnung PostOst für Menschen, die selbst oder deren Vorfahren aus Staaten kommen, die in Deutschland pauschal als sog. »Ostblock« bezeichnet wurden und werden.
Weiterführende Begriffe: Deutsch-Türken, Bindestrich-Deutsche

Sabbat / Schabbat / Schabbes

ist der siebte Wochentag, an dem, durch die Thora vorgeschrieben, keine Arbeit verrichtet werden soll. Er beginnt am Freitagabend bei Sonnenuntergang und endet am Samstagabend nach Eintritt der Dunkelheit.

Weiterführende Begriffe:

Säkulare Muslim*innen

ist eine differenzierte Beschreibung von Muslim*innen, die für eine Trennung von Staat und Religion sind. Präzise Beschreibungen sind oft mehrdeutig: So kann eine praktizierende Muslimin auch ohne Kopftuch auskommen oder eine Frau, die ein Kopftuch trägt, durchaus säkular sein. Im Diskurs der Deutschen Islamkonferenz (DIK) gelten nicht-organisierte muslimische Teilnehmer*innen als säkulare Muslim*innen, was allerdings suggeriert, dass in Verbänden organisierte Muslim*innen automatisch nicht säkular seien.
Weiterführende Begriffe: Euro-Muslim*innenKulturmuslim*innenLiberale Muslim*innenNeo-Muslim*innenPop-Muslim*innen

Salafismus, Salafist*innen

wird in Deutschland vor allem vom Verfassungsschutz verwendet. Die so benannten Gläubigen sind eine sehr kleine Minderheit unter den sunnitischen Muslim*innen und bezeichnen sich selbst zum Teil mit dem auch in der Islamwissenschaft verwendeten Terminus Salafit*innen, mittlerweile ist das arabische Salafis gängiger, weniger üblich ist die weibliche Form Salafiyât. Die Strömung bezieht sich auf die »Altvorderen« (Salaf) und eine dogmatische Interpretation des Koran, die sie als den »wahren« Islam propagiert. Salafit*innen oder Salafis sind jedoch keine homogene Gruppe und nicht grundsätzlich gewaltbereit oder terroristisch, sondern oft unpolitisch. Expert*innen schlagen vor, nur die gewaltbereite Gruppe unter ihnen als Salafist*innen zu bezeichnen, in Abgrenzung zu unpolitischen Salafit*innen1 oder Salafis. Militante Salafist*innen sind dementsprechend gewaltbereite Islamist*innen.
Weiterführende Begriffe: DschihadDschihadismus, DschihadistFundamentalist*inSunnit*innen, radikale Muslim*innen, Pop-Dschihadismus

Scharia

ist keine Gesetzessammlung aus dem Koran, sondern ein Regelwerk, das auf Interpretationen des Koran basiert. Neben radikalen Scharia-Forderungen gibt es auch verfassungskonforme, alternative Scharia-Konzepte, die Muslim*innen im Alltag als Richtlinie religiösen Lebens dienen können.
Weiterführende Begriffe: DschihadFundamentalist*in, Halal und HaramIslamkritikradikale Muslim*innen, Boko Haram, IS

Schiit*innen

sind eine der Hauptgruppen unter den vielen Strömungen im Islam. Die Spaltung in verschiedene Strömungen erfolgte historisch aufgrund der Auseinandersetzungen um die Frage der rechtmäßigen Führung der Gemeinschaft der Muslim*innen nach dem Tod des Propheten Mohammed. Schiit*innen folgen nur dem vierten der Kalifen, Ali ibn Abi Talib. Dieser ist auch für die Alevit*innen der einzig rechtmäßige Nachfolger Mohammeds.
Weiterführende Begriffe: Alevit*innen, Sunnit*innen

Schlepper*innen / Schleuser*innen

Fluchthelfer*innen werden in der Berichterstattung oft mit Schlepper*innen oder Schleuser*innen gleichgesetzt, obwohl die Begriffe unterschiedliche Bedeutungen haben: Fluchthelfer*in ist die wertfreie Bezeichnung für jemanden, der*die anderen zur Flucht verhilft. Geht es allerdings nicht um Hilfe, sondern vor allem um Profit, sind Schlepper*in oder Schleuser*in die angemessenen Bezeichnungen, da sie laut Duden jemanden beschreiben, der*die andere »gegen Bezahlung illegal von einem Land in ein anderes bringt«. Der juristisch korrekte Begriff dafür lautet Menschenschmuggel.

Weiterführende Begriffe:

Schutzquote

bezeichnet den Anteil aller Asylanerkennungen, Gewährungen von Flüchtlingsschutz und Feststellungen eines Abschiebungsverbotes innerhalb eines Zeitraums, bezogen auf die Gesamtzahl dieser Entscheidungen im betreffenden Zeitraum. Außerdem gibt es den Fachbegriff Gesamtschutzquote. Damit wird der prozentuale Anteil solcher Entscheidungen über Personen aus einem bestimmten Herkunftsland in einem festgelegten Zeitraum beschriebene. In den Medien ist oft nur von einer »Schutzquote« die Rede. Dieser Begriff ist aber unscharf, weil er sich sowohl auf die Gesamtschutzquote, als auch auf die Asylanerkennungsquote beziehen kann.
Weiterführende Begriffe: Obergrenze

Schwarz

ist eine Eigenbezeichnung, die viele afrodiasporische Menschen und Initiativen verwenden. Sie kommt aus dem englischsprachigen Rassismusdiskurs (»Black«). Auch hier geht es nicht um Hautfarbe, sondern um den Gegensatz zu weiß (vgl. PoC). Als politische Selbstbezeichnung wird Schwarz groß geschrieben – auch von immer mehr Medien. Seit Juli 2020 hat bspw. die New York Times die Großschreibung von »Black« in ihren redaktionellen Stilvorschriften festgelegt. Die spezifische Rassismuserfahrung, die Schwarze Menschen machen, wird als Anti-Schwarzer Rassismus bezeichnet. Siehe auch im Kapitel »Schwarze Menschen« ab Seite 41.

Weiterführende Begriffe: BPOC, People of Color, weiß, Hautfarbe

Schwarzafrika

wird als Synonym für afrikanische Länder südlich der Sahara genutzt. Darin schwingt eine koloniale Vorstellung von Nordafrika als dem hochentwickelten weißeren Teil des afrikanischen Kontinents mit (ehemals »Weißafrika«) und der vermeintlich unterentwickelten, von Schwarzen Menschen bewohnten Region. Präziser ist es, die Länder zu benennen, die gemeint sind, oder die Region als südliches Afrika zu bezeichnen.

Weiterführende Begriffe: Afrika, Kolonialismus, Anti-Schwarzer Rassismus

Schwarzafrikaner*in

ist eine rassistische Fremdbezeichnung für Schwarze Menschen. Bezeichnungen wie »Afrikaner*in« sind geografisch ungenau. Es empfiehlt sich, konkrete Herkunftsländer zu benennen – sofern die Nationalität inhaltlich relevant ist. In Beiträgen über Südafrika kann von Schwarzen Südafrikaner*innen und weißen Südafrikaner*innen gesprochen werden.

Weiterführende Begriffe: Afrika, Kolonialismus, Anti-Schwarzer Rassismus

Schwarze Diaspora

(altgriech. »Zerstreuen«). Diaspora benennt vertriebene jüdische Gruppen. Abgeleitet davon steht Schwarze Diaspora für Schwarze Menschen, die nicht in den Herkunftsregionen ihrer Vorfahren leben. Außerdem gibt es nationale Diaspora-Gruppen, zum Beispiel bezeichnen sich Menschen mit ghanaischer Migrationsbiografie in Deutschland als ghanaische Diaspora. Der Begriff wird von vielen Gruppen Ausgewanderter oder von Glaubensgemeinschaften verwendet; so gibt es die polnische Diaspora, die alevitische Diaspora etc.

Weiterführende Begriffe: Afrika, Kolonialismus, Afrodeutsche

Schwarze Menschen, Schwarze*r

ist eine Selbstbezeichnung von Menschen mit beispielsweise afrikanischen, karibischen oder afro-US-amerikanischen Vorfahren. Schwarz wird in diesem Zusammenhang immer groß geschrieben, um deutlich zu machen, dass damit keine Hautfarbe beschrieben wird. Schwarz ist vielmehr eine politische Selbstbezeichnung, die gemeinsame Erfahrungen sowie die gesellschaftspolitische Position und die Lebensrealität von Menschen beschreibt, die von Anti-Schwarzem Rassismus betroffen sind.

Weiterführende Begriffe:BPOC People of Color, weiß, Hautfarbe, Afrodeutsche

Secondos / Secondas

(f: Secondas) ist in der deutschsprachigen Schweiz die gängige Selbstbezeichnung von Menschen aus eingewanderten Familien, die ab der zweiten Generation in der Schweiz leben. Singular: Secondo (m), Seconda (f).
Weiterführende Begriffe: Menschen aus eingewanderten Familien, Menschen mit internationaler Geschichte

Sekundärer Antisemitismus

äußert sich bspw. in Forderungen nach einem Schlussstrich oder in dem Vorwurf, Juden*Jüdinnen hätten eine Mitschuld an der Verfolgung durch die Nazis oder zögen einen Vorteil aus dem Holocaust. Das Phänomen konnte unmittelbar nach 1945 erstmalig beobachtet werden. Oft ergibt sich diese Form des Antisemitismus aus einem Schuld- und Schamgefühl wegen der Shoa.
Weiterführende Begriffe: israelbezogener Antisemitismus, Israelkritik

Sekundärmigration

beschreibt die Bewegung von Geflüchteten von einem Mitgliedsstaat der EU zu einem anderen. Im Europäischen Parlament wird der Terminus »Secondary Migration / Movement« benutzt, im Deutschen ist Binnenmigration verständlicher. Der Gegenbegriff von Sekundärmigration ist Primärmigration, also eine Fluchtmigration in Länder an der europäischen Außengrenze.

Weiterführende Begriffe:

Semit*innen

ist ein sprachwissenschaftlicher Begriff für alle, die eine semitische Sprache sprechen, wie hebräisch, aramäisch oder arabisch, und steht nicht für eine ethnische Gruppe. Ende des 19. Jh. benutzten Rassentheoretiker*innen den Begriff »Semiten« synonym und abwertend für Juden*Jüdinnen, woraus die Bezeichnung Antisemitismus für deren Ideologie entstand. Ansonsten ist heute nur noch in der Sprachwissenschaft von Semit*innen die Rede.
Weiterführender Begriff: Antijudaismus

Sephardim

sind ursprünglich die Nachkommen von Juden*Jüdinnen aus West- und Südeuropa bzw. den Mittelmeerländern, die im 15. Jahrhundert von dort vertrieben wurden. Heute bezeichnen sich alle nicht-aschkenasischen Juden*Jüdinnen als Sephardim.
Weiterführender Begriff: Misrachim

Sichere Drittstaaten

sind die EU-Staaten sowie Norwegen und die Schweiz, in denen Asylsuchenden »nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben« alle Rechte auf Grundlage der Genfer Flüchtlingskonvention zugestanden werden. Haben Schutzsuchende sichere Drittstaaten erreicht, wird ihnen die Einreise nach Deutschland an der Grenze verweigert; wer aus einem »sicheren Drittstaat« einreise, kann sich lt. § 26a Asylgesetz nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen. Die gleiche Regel gilt auch im Dublin-Verfahren für die oben genannten Länder sowie Island und Liechtenstein.
Weiterführende Begriffe: Sichere Herkunftsländer

Sichere Herkunftsländer

sind Länder, bei denen aufgrund der allgemeinen politischen Verhältnisse angenommen wird, »dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet« (Art. 16a GG). Die Einstufung erfolgt nicht einheitlich durch die EU, sondern nur durch die jeweiligen Regierungen der EU-Staaten und fällt unterschiedlich aus. Deshalb wäre durch die Bundesregierung als sicher eingestufte Herkunftsländer eine zwar lange, aber treffendere Bezeichnung. Asylgesuche von Geflüchteten aus Ländern, die als sicher gelten, werden schneller bearbeitet und in der Regel abgelehnt. Asylsuchende haben nur eine Woche Zeit, Widerspruch einzulegen und können innerhalb von vier Wochen ab Antragstellung abgeschoben werden.
Weiterführende Begriffe: Abschiebung, Sichere Drittstaaten

Sinti*zze

ist die Bezeichnung für Nachfahren der Roma-Gruppen, die bereits im 14. und 15. Jh. in den deutschsprachigen Raum eingewandert sind. Sinti*zze sind die in West- und Mitteleuropa beheimateten Angehörigen der Minderheit. Die Bezeichnung wird jedoch nur in Deutschland, Österreich und Teilen Norditaliens verwendet. Außerhalb des deutschen Sprachraums wird Rom*nja als Name für die gesamte Minderheit genutzt. Der weibliche Singular ist Sintizza (Plural: Sintizze), der männliche Singular ist Sinto (Plural: Sinti). Eine Untergruppe der Sinti*zze sind die Manouche, die vorwiegend in Frankreich leben.
Weiterführende Begriffe: Deutsche Sinti*zze und Rom*nja,Nationale Minderheit

Sprachpolizei

ist ein Begriff, der in rechten Kreisen oft verwendet wird, wenn Betroffene sich kritisch über herabwürdigende Bezeichnungen äußern, wie z. B. dem N-Wort1. Da in Deutschland Meinungsfreiheit herrscht (Art. 5 GG), ist es beiden Seiten unbenommen, Kritik zu äußern.
Weiterführende Begriffe: Lügenpresse, Meinungsdikatur, Political Correctness, Zensur

Staatsfunk

ist eine diffamierende und faktisch falsche Bezeichnung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In Deutschland wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk nach dem Solidarprinzip durch Rundfunkgebühren finanziert, um seinen Informationsauftrag unabhängig von Staat und Regierung zu erfüllen.
Weiterführende Begriffe: Lügenpresse, Meinungsdikatur, Zensur

Stamm

Im Kolonialismus orientierten Europäer*innen sich oft an Begriffen, die in Zusammenhang mit der Antike und dem Frühmittelalter standen. In Anlehnung an germanische Völker wurden Gruppen auf dem afrikanischen und amerikanischen Kontinent einfach als »Stämme« pauschalisiert. Die Diversität Afrikas und Amerikas blieb unsichtbar und dies wirkt bis heute nach. Sinnvoller ist es, die zahlreichen Selbstbezeichnungen zu benutzen, wie zum Beispiel für die Gruppe der Fulbe aus Westafrika oder die Kayapó aus dem Amazonasbecken.

Weiterführende Begriffe: Exotismus

Standard-Deutsche

beschreibt Deutsche ohne Migrationshintergrund und macht aufmerksam auf eine Normvorstellung, von der Deutsche mit Migrationshintergrund vermeintlich abweichen. Der Begriff wurde durch den Migrationspädagogen Paul Mecheril in die Debatte eingebracht1, der auch den Begriff Copyright-Deutsche prägte.
Weiterführende Begriffe: Autochthone DeutscheBiodeutsche, EinheimischeHerkunftsdeutsche

Subsidiärer Schutz

kann von Geflüchteten nach der Europäischen Menschenrechtskonvention in Anspruch genommen werden, wenn ihr Asylantrag vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge abgelehnt wurde. Sie werden als subsidiär Schutzberechtigte anerkannt, wenn sie den Behörden stichhaltige Gründe dafür vorbringen können, dass ihnen im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Dann wird ein einjähriger Schutz gewährt, mit Möglichkeit zur Verlängerung auf drei Jahre.
Weiterführende Begriffe: BleiberechtDuldungGeschützte PersonenPrinzip der Nicht-Zurückweisung

Südländer*in

ist ein aus der Mode gekommener Begriff, aber in der Beschreibung »südländisches Aussehen« in manchen Medien noch zu finden. Hier stellt sich die Frage: Was genau ist gemeint? Geografisch ist der Begriff unspezifisch und verortet Menschen außerhalb von Deutschland, obwohl sie hier geboren und aufgewachsen sein könnten. Der Begriff wird auch von rechtsradikalen und rechtsextremen Medien verwendet.
Weiterführende Begriffe: Deutsch-Türk*in, Kanak*inMischling, Türkischstämmige (Bürger*innen)

Sunnit*innen

stellen mit rund 85 bis 90 Prozent weltweit die Mehrheit der Muslim*innen. Bei der Frage der rechtmäßigen Führung der Gemeinschaft der Muslim*innen nach dem Tod des Propheten Mohammed, erkennen Sunnit*innen die vier Kalifen in der Nachfolge Mohammeds als rechtgeleitete Führer der Umma, der Gemeinde, an. Salafismus ist eine antimodernistische Auslegung der Religion des sunnitischen Islams.
Weiterführende Begriffe: Schiit*innen, Salafismus

Talmud

ist ein Gesetzeskodex und nach dem Tanach das bedeutendste Schriftwerk des Judentums. Im Talmud steht, wie die Thora von den ersten Rabbis verstanden und ausgelegt wurde. Er liegt in zwei Ausgaben vor, dem Jerusalemer Talmud und dem babylonischen Talmud. Wenn einfach vom Talmud gesprochen wird, ist in der Regel der babylonische gemeint.

Weiterführende Begriffe:

Tanach / Tenach

ist die Heilige Schrift des Judentums. Er entstand in einem 1.200 Jahre andauernden, komplexen Prozess als Sammlung unterschiedlicher religiöser und profaner jüdischer Schriften. Der Tanach wurde etwa 100 n. d. Z. in 24 Bücher eingeteilt und kanonisiert. Er erzählt die Geschichte der Schöpfung und des Volkes Israel über einen Zeitraum von 1.300 Jahren. Das Christentum hat alle Bücher des Tanach, in etwas anderer Anordnung, als Altes Testament übernommen.

Weiterführende Begriffe:

Texturism

ist die Hierarchisierung unterschiedlicher Typen von Afrohaaren. Haare, die eher dem weißen Schönheitsideal entsprechen, wie zum Beispiel größere Afrolocken, werden als »good hair« aufgewertet und gegenüber engen kleinen Locken (»bad hair«, »nappy hair«) bevorzugt. Schwarze Personen mit enger gelocktem Haar sind oft stärker von Anti-Schwarzem Rassismus betroffen. Meistens ist Texturism mit Colorism verbunden.

Weiterführende Begriffe: Featurism

Thora / Tora / Torah

ist der erste Teil der Heiligen Schrift des Judentums (Tanach) und besteht aus fünf Büchern. Sie ist der Grundstein jüdischen Glaubens und eine Quelle für jüdisches Recht, Ethik und Lebensweise. Daneben wurde die mündlich überlieferte Lehre später im Talmud festgehalten.

Weiterführende Begriffe:

Token

beschreibt eine*n Vertreter*in einer diskriminierten Gruppe, der*die benutzt wird, um nach außen Vielfalt vorzutäuschen oder diskriminierende Haltungen zu legitimieren. Muss also zum Beispiel auf der Firmenwebsite die einzige Schwarze Mitarbeiterin ganz vorn aufs Teamfoto oder werden Schwarze Schauspieler*innen in Filmen ausschließlich auf Nebenrollen reduziert, fungieren sie als Tokens. In ähnlichen Zusammenhängen ist Deutschland manchmal von »Quotenmigranten«, »-Schwarzen« oder »-frauen« die Rede.

Weiterführende Begriffe:BPOC, People of Color, Rassismus

Traveller

So benannte Gruppen in Irland,  Großbritannien und den USA wählen als Selbstbezeichnung meist den Begriff Pavee. Sie haben eine andere Herkunft, Siedlungsgeschichte und Sprache als die europäischen Rom*nja und sprechen nicht Romanes, sondern Shelta. Dies weist zwar Merkmale des Romanes auf, beruht aber auf der irischen (gälischen) Sprache und dem Englischen. Ihre Diskriminierungsgeschichte ist der der europäischen Rom*nja sehr ähnlich.

Weiterführende Begriffe:

Tschador

bedeutet auf Persisch »Zelt« und ist ein den ganzen Körper bedeckender Umhang. Er wird vor allem von Frauen im Iran getragen.
Weiterführende Begriffe: Burka, Hijab, Kopftuch, Kopftuchträgerin, Niqab

Türkischstämmige

(Bürger*innen) ersetzt oftmals die früher gängige Bezeichnung »Türken« und berücksichtigt, dass fast die Hälfte davon inzwischen deutsche Staatsbürger*innen sind. Die Alternative Türkeistämmige drückt aus, dass viele Eingewanderte aus der Türkei  Kurd*innen oder Angehörige anderer Minderheiten sind und sich nicht als »türkisch« verstehen. Einige von ihnen lehnen diese verbale Verbindung mit der Türkei jedoch gänzlich ab.
Weiterführende Begriffe: Bindestrich-Deutsche, Der*die Gesuchte spricht Deutsch mit türkischem Akzent, Der türkischstämmige Tatverdächtige (besser: türkeistämmige) , Deutsch-Türk*inGastarbeiterKanak*in, Wurzeln, griechische etc.

Überfremdung

ist ein politisches Schlagwort, das von Rechtsextremen und teils auch in der Politik verwendet wird. Es dient meist als Argument gegen die multikulturelle Gesellschaft in Deutschland, z. B. in Debatten um den Bau von Moscheen. Dahinter steckt häufig eine völkisch-nationalistische Vorstellung, in der als nicht deutsch empfundene Menschen und ihre Kultur eine Gefahr für die »deutsche Identität«, das »Volk« oder die innere Sicherheit Deutschlands sind. Dass die Bundesrepublik bspw. wirtschaftlich von Einwanderung profitiert und sie sich demografisch positiv auswirkt, wird dabei ausgeblendet. »Überfremdung« wurde bereits 1993 zum Unwort des Jahres gewählt.1
Weiterführende Begriffe: christlich-jüdisch, Ethnopluralismus, Gescheiterte IntegrationIntegrationIntegrationsverweiger*in, Islamisierung, Kulturbereicherer, Kulturkreis, NeonaziParallelgesellschaft, Rechtsradikal

Ultraorthodoxe Juden*Jüdinnen

ist eine Fremdbezeichnung für all jene orthodoxen Juden*Jüdinnen, die in geschlossenen Gemeinschaften, geschlechtergetrennt und nach strengen Regeln leben. Sie sind nicht berufstätig. Die Männer studieren lebenslang die Thora und werden meistens von Spenden oder in Israel durch den Staat finanziert. Die meisten von ihnen leben in den USA und in Israel.
Weiterführende Begriffe: konservatives Judentum, liberales Judentum, Neo-Orthodoxie, Orthodoxes Judentum

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge

(umF) Bezeichnung für Schutzsuchende, die noch nicht volljährig sind und ohne sorgeberechtigte Begleitung aus ihrem Heimatland fliehen. Von den weltweit knapp 60 Millionen Geflüchteten, die es 2015 weltweit gab, sind laut UN-Flüchtlingshilfe etwa 50 Prozent unter 18 Jahre alt. Europäisches Recht schreibt vor, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge besonders geschützt werden, wozu etwa der gesetzlich garantierte sofortige Zugang zu Schule und Ausbildung gehört. In der Praxis wird allerdings Kindern in Erstaufnahmeeinrichtungen der Schulbesuch teils monatelang verwehrt. Seit Ende 2015 werden allein geflüchtete Kinder und Jugendliche – wie Erwachsene – über eine Quotenregelung bundesweit verteilt. Grundlage dafür ist das »Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher«, in dem bspw. die umstrittenen medizinischen Verfahren zur Alterseinschätzung weiterhin als Möglichkeit zur Schätzung des Alters vorgesehen sind.
Weiterführender Begriff: Dublin-Verfahren

v.d.Z. / vor der Zeitrechnung / Zeitwende

ist eine Formulierung, die der Jahreszählung mit Bezug auf die Geburt Jesu Christi dient, ohne den christlichen Bezug auszudrücken. Diese Bezeichnung ist nicht nur im Judentum gebräuchlich, sondern war zum Beispiel auch in der DDR üblich.

Weiterführende Begriffe:

Verschwörungsideologien, antisemitische

haben eine lange Tradition und sind heute vor allem in sozialen Netzwerken im Umlauf. Schon aus dem 12. Jh. sind Verschwörungsmythen bekannt, wie Legenden von Ritualmorden oder Brunnenvergiftungen, die immer wieder die Verfolgung von Juden*Jüdinnen auslösten. Mindestens seit dem Beginn des 19. Jh. existiert der Verschwörungsglaube von dem Streben der Juden*Jüdinnen nach der Weltherrschaft, welche auf den gefälschten »Protokollen der Weisen von Zion« beruht. Noch heute berufen sich Antisemit*innen auf diese Protokolle, an die bereits Adolf Hitler glaubte – sie gelten als Schlüsseldokument einer angeblichen jüdischen Weltverschwörung.

Weiterführende Begriffe:Extremismus, Ideologien der Ungleichwertigkeit, Rechtsextremismus

Vertriebene

sind deutsche Staatsangehörige oder sog. deutsche »Volkszugehörige« (jur. Bezeichnung, Bundesvertriebenengesetz) und ihre Nachkommen, die ihren Wohnsitz im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg verloren haben. Auch Aussiedler*innen gelten gesetzlich als Vertriebene. Beide Gruppen haben, ebenso wie Spätaussiedler*innen, einen rechtlichen Anspruch darauf, aus Ländern des ehemaligen Ostblocks in Deutschland aufgenommen zu werden. In der Bundesrepublik bekommen sie in der Regel automatisch die sog. Statusdeutscheneigenschaft und sind somit keine Ausländer*innen.
Weiterführende Begriffe: AsylsuchendeDisplaced Persons (DPs)GeflüchteteHeimatlose Flüchtlinge

Volk

meint im politischen Sinn die gesamte Bevölkerung eines Landes. Heute wird der Begriff von Rechtsradikalen und Rechtsextremen meistens darüber definiert, wer nicht dazu gehört – i.d.R. sind es BPoC (auch die deutschen) , Muslim*innen und Ausländer*innen. Bundeskanzlerin Merkel drückte es 2016 dagegen sehr simpel aus, sie befand: »Alle sind das Volk.«1
Weiterführende Begriffe: völkisch

Völkisch

ist ein belasteter historischer Begriff und begründet die Zugehörigkeit zum deutschen Volk durch Rassentheorien (NS-Sprache: »Volksgemeinschaft«). Er wurde während der Nazi-Zeit oft als Synonym für nationalsozialistisch verwendet. Versuche von Rechtsradikalen, die Begriffe »völkisch« und »Volksgemeinschaft« positiv zu besetzen, sind bislang gescheitert.
Weiterführende Begriffe: Volk

Weiß

Geht es um Zugehörigkeit, Teilhabe und Rassismus, ist immer öfter von Weißen die Rede. Häufig herrscht das Missverständnis, es ginge dabei um eine Hautfarbe. Tatsächlich meint weiß eine gesellschaftspolitische Norm und Machtposition und wird deshalb in wissenschaftlichen Text oft klein und kursiv geschrieben. Der Begriff wird als Gegensatz zu People of Color und Schwarzen Menschen verwendet. Dabei müssen sich z.B. weiße Deutsche nicht selbst als weiß oder privilegiert fühlen.
Weiterführende Begriffe: Autochthone Deutsche, Biodeutsche,HerkunftsdeutscheStandard-Deutsche, Rasse

Weiß gelesen

(engl. White Passing) ist eine Person mit meistens sehr heller Haut (light-skinned) und/oder wenig gelockten Haaren, die Schwarze Eltern oder Großeltern hat, und als weiß, also ohne afrodiasporische Migrationsgeschichte wahrgenommen wird. In ähnlichen Fällen können auch People of Color als weiß gelesen werden. Historisch konnte es große Vorteile bringen, für weiß gehalten zu werden und auch heute noch sind damit Privilegien verbunden (weiße Privilegien). Aber auch Weißgelesene können beispielsweise aufgrund ihrer Schwarzen Familie Rassismus erleben. Teilweise bezeichnen sie sich deshalb ebenfalls als Schwarz, PoC oder nicht-weiß.

Weiterführende Begriffe:BPOC, People of Color, Weiße Privilegien, Race, Hautfarbe

Weiße Fragilität

(engl. »White Fragility«) beschreibt die Reaktion vieler weißer Menschen, wenn Rassismus, ihr Weißsein und die damit verbundenen weißen Privilegien zur Sprache kommen. Dass weiße Menschen in der Gesellschaft besonderen Schutz und Sicherheit genießen, führt laut der Soziologin Robin Di Angelo1 zu einer fehlenden Notwendigkeit und Fähigkeit, sich (selbst-)kritisch mit Rassismus auseinanderzusetzen. Das wiederum hat typische Abwehrmechanismen zur Folge, wie Wut, Angst oder Schuld und Scham, die sich in solchen Situationen äußern.

Weitere Begriffe: ||Schwarz, BPOC, People of Color, Weiße Privilegien, Race, Hautfarbe

Weiße Privilegien

Weiße Privilegien sind gesellschaftliche Vorteile, die damit einhergehen, weiß zu sein, allen voran das Privileg, nicht rassistisch diskriminiert zu werden.

Weiterführende Begriffe: Schwarz, BPOC, People of Color, Race, Hautfarbe

White Savior

(engl. weiße*r Retter*in) wird eine weiße Person genannt, die nicht-weißen Menschen auf eigennützige Weise Hilfe leistet, um sich selbst aufzuwerten. Die oft unbeabsichtigte, aber reale Folge ist eine Abwertung armer, nicht-weißer Menschen. Beispielhaft dafür sind Fotos oder Reiseberichte von Weißen und ihren Begegnungen mit Kindern in Armut. White Saviorism wird häufig bei internationalen Charity-Projekten kritisiert.

Weiterführende Begriffe: Afrika, Anti-Schwarzer Rassismus, Weiße Privilegien, BPoC

White Tears

(engl. weiße Tränen) Wenn weiße Menschen mit Rassismus und ihrem Weißsein konfrontiert werden, fühlen sie sich oft ungerecht behandelt und lenken mit den eigenen Emotionen von den Betroffenen ab. Dieses Verhalten wird als White Tears beschrieben.

Weiterführende Begriffe: Weiße Privilegien, Race, Hautfarbe

Willkommenskultur

ist zur Standardvokabel in der Asyldebatte geworden. Gemeint ist meistens das Engagement der vielen Ehrenamtlichen, die sich für Geflüchtete einsetzen und damit eine Willkommenskultur schaffen. Vorher war Willkommenskultur eher ein politisches Leitbild für die multikulturelle Aufnahmegesellschaft in der Integrationspolitik. So wurden z. B. in Hamburg oder Stuttgart städtische »Welcome-Center« für Einwander*innen eröffnet. Kritisiert wird der Begriff in diesem Zusammenhang z. B. vom Medienwissenschaftler Alexander Kissler, der darauf verweist, dass sich das Wort »Willkommen« nur auf den kurzen Vorgang des Kommens beziehe, also keinen sich verstetigenden Zustand bezeichnen könne.
Weiterführende Begriffe: AufnahmegesellschaftEinwanderungsgesellschaft

Wir

kann missverständlich wirken, wenn beispielsweise von »wir Deutschen« die Rede ist, aber nur Deutsche ohne Migrationshintergrund gemeint sind. Als Alternative kann Mehrheitsbevölkerung passender sein – allerdings nicht überall, in Frankfurt am Main sind Menschen mit Migrationshintergrund bereits in der Mehrheit.
Weiterführende Begriffe: Aufnahmegesellschaft Bundesrepublikaner*in, Deutsche ohne Migrationshintergrund, Deutsche Staatsangehörigkeit, Mehrheitsgesellschaft, Deutsche

Wurzeln, mit griechischen etc.

wird oft verwendet, um die Herkunft von Menschen mit internationaler Geschichte zu beschreiben. Weil damit keine Verortung in Deutschland, sondern vielmehr eine Entwurzelung von Eingewanderten und ihren Nachkommen mitschwingt, wird die Beschreibung teilweise kritisch gesehen. Alternativ kann z.B. die (ehemalige) Nationalität der Eltern genannt werden, sofern es wirklich nötig ist.

Weiterführende Begriffe: Ausländer, Copyright-Deutsche, Einheimische, Heimat

Xenophilie

ist das Gegenteil von Xenophobie und beschreibt eine Neigung für fremde Dinge oder Menschen. Beides setzt eine Kategorisierung in »fremd« und »nicht fremd« voraus.
Weiterführende Begriffe: Philosemitismus

Xenophobie

(griech. xeno, fremd) bezeichnet die ablehnende Haltung gegenüber einer Gruppe, die als fremd wahrgenommen wird, aber nicht automatisch fremd sein muss, wie zum Beispiel Afrodeutsche oder Muslim*innen. Xenophobie ist eine Form der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit.
Weiterführende Begriffe: Fremdenfeindlichkeit, Hassverbrechen, Hasskriminalität, Ideologien der UngleichwertigkeitIslamophobieÜberfremdung, RassismusRechtsextremismus, Neonazi, Xenophilie

Xoraxaia / Horahane

ist ein Religionym, also eine auf der Religion beruhende Benennung eines Volkes, und bezeichnet Rom*nja muslimischen Glaubens.

Weiterführende Begriffe: Muslim*innen, Sinti*zze

Z***

ist eine Fremdbezeichnung und wird von Angehörigen der Roma-Minderheiten abgelehnt. Die verunglimpfende Bezeichnung ist Jahrtausende alt und hält sich bis heute hartnäckig im öffentlichen Sprachgebrauch. Der Begriff schreibt der diversen Minderheit negative, teilweise romantisierende und in jedem Fall rassistische Stereotype zu. Sogar Soßen und Schnitzel werden noch nach dem Schimpfwort benannt. Und das, obwohl hunderttausende Sinti*zze und Rom*nja im Nationalsozialismus mit »Z« markiert und in Konzentrationslagern umgebracht wurden. Das ist auch der Grund, warum viele Angehörige der Minderheit die Abkürzung »Z-Wort« (analog zu N-Wort) ablehnen. Übrigens sind Sinti*zze und Rom*nja schon seit Jahrhunderten in Deutschland zuhause, viele Angehörige der Minderheit sind autochthone Deutsche und keine Menschen mit Migrationshintergrund.
Weiterführende Begriffe: Antiziganismus, Antiromaismus, Kanak*in, Philoziganismus, Südländer*in

Zensur

wäre im Sinne des Grundgesetzes eine staatliche Kontrolle von Medien vor ihrer Veröffentlichung (Vorzensur) und ist in Deutschland verboten (Art. 5 GG). Die Meinungsfreiheit hat dort ihre Grenzen, wo andere Rechte verletzt werden, z. B. durch Volksverhetzung. Werden strafbare Inhalte im Internet nachträglich gelöscht, geschieht das im Rahmen der Strafverfolgung und / oder des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, NetzDG. Teilweise wird eine »Zensur« beklagt, wenn gegen rassistische Äußerungen und für zivile Umgangsformen appelliert wird. Tatsächlich ist das lediglich ein Ausdruck guter Manieren und einer Meinungsvielfalt im demokratischen Diskurs.
Weiterführende Begriffe: Lügenpresse, Meinungsdiktatur, Political Correctness (PC), Sprachpolizei, Staatsfunk

Zionismus

(von Zion, dem Namen des Tempelbergs in Jerusalem) bezeichnet zum einen die historische jüdisch-nationalistische Bewegung, die einen jüdischen Staat gründen wollte, und zum anderen gegenwärtige politische Strömungen. Entstanden ist der Zionismus als Teil des europäischen Nationalismus des 19. Jh. Er war gleichzeitig die Gegenbewegung zum Antisemitismus, der sich damals immer weiter verbreitete. Mit der Gründung Israels 1948 wurde das zionistische Ziel erreicht. Heute wird Zionismus als Ideologie in Israel sehr unterschiedlich ausgelegt, so gibt es z.B. liberal-sozialdemokratischen, rechtsnationalen oder nationalreligiösen Zionismus. Zionismus wird teils undifferenziert als Kampfbegriff gegen Israels Haltung im Nahost-Konflikt benutzt.
Weiterführende Begriffe: Antizionismus, Israelkritik, israelbezogener Antisemitismus

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